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Wir sägen an dem Ast, auf dem wir sitzen!

leben, und leben lassen

Aktuelle Top-Themen zum Artensterben und zum Klimawandel machen deutlich: Unser Wirtschaftsverständnis ist nicht nachhaltig und gefährdet das Leben auf dieser Erde. Schuld daran ist das gültige Unternehmensverständnis, bei dem nur der eigene Erfolg zählt und dabei der Blick auf das Große & Ganze und den Erhalt unserer lebensnotwendigen Ressourcen verloren gegangen ist. Um das zu korrigieren bedarf es, externe Kosten in den betriebs- und volkswirtschaftlichen Fokus zu nehmen. Die CO2 Steuer bildet einen Teil dieser externen (Umwelt-) Kosten ab, die bei der Freisetzung des Klimagases zu Umweltschäden und Artensterben führen.

„Wir sägen an dem Ast, auf dem wir sitzen. Wir zerstören die Grundlage unserer Lebensmittelproduktion.“ So war der Kommentar unserer Umweltministerin Svenja Schulze auf die heutige Veröffentlichung des Berichts vom Weltbiodiversitätsrat (IPBES). Demnach seien 1 Mio. Tiere und Pflanzen akut vom Aussterben bedroht. Somit stünde das größte Artensterben seit dem Ende der Dinosaurier vor der Tür. Die Wissenschaftler des IPBES fordern deshalb die Regierungen auf, die Umweltverschmutzung sofort zu beenden, weniger Konsum zu predigen und weniger Monokulturen in der Landwirtschaft zuzulassen. Gleichzeitig sollen Regierung sämtlicher Länder mehr aktiven Naturschutz betreiben, Ökosysteme besser überwachen und nachhaltige Landwirtschaft verfolgen.

Auf den ersten Blick ist es erstaunlich, dass die Dimension dieser drohenden, ökologischen „Insolvenz“ wie aus dem CO2 verseuchten Himmel gefallen zu sein scheint. Es kommt einem fast so vor, als hätte der Kapitän der Arche Noah gerade erst ein Leck in seinem Bootsrumpf entdeckt, obwohl schon das Unterdeck mit all seinen Tieren bis oben unter Wasser steht. Auf den zweiten Blick ist das aber nicht verwunderlich. Denn unser Wirtschaftsmodell beruht vor allem auf dem Paradigma der egostischen, profitablen Selbsterhaltung, ohne dabei das Große und Ganze im Blick zu haben. Wesentliche Ressourcen, die wir zum Erhalt des eigenen Unternehmens und – noch viel wichtiger – zum Erhalt der gesamten Wirtschaft, Gesellschaft und per se zum Erhalt des Lebens auf der Erde benötigen, haben wir dabei nicht im Blick.

Elinor Ostrom hat zu diesem Thema 2009 den Wirtschaftsnobelpreis erhalten. Sie fragte sich, wie gemeinschaftliches Eigentum, bzw. knappe Ressourcen (sog. Allmende-Güter) von unterschiedlichen Nutzern erfolgreich und nachhaltig verwaltet werden können. Im Zuge Ihrer Forschung verfestigte sich jedoch die Erkenntnis, dass die Menschen nicht dazu in der Lage zu sein scheinen, diese Allmende nachhaltig zu schützen. Nur klare Regeln - so Ostroms Schlussfolgerung - könnten die Tragödie verhindern, dass die Allmende durch Übernutzung zerstört wird.

Eine zur Erhaltung der Lebensgrundlage wichtige Regel beim Schutz von Menschen, Tieren und Pflanzen ist es, umgehend die externen Kosten unseres Wirtschaftens einzubeziehen, um die Allmende unseres Klimas aufrechtzuerhalten. Das hieße, jedem Kapitän eines Unternehmens die Außensicht seines Handelns aufzuzwingen. Aber genau diese externen Kosten, die z.B. beim CO2 Ausstoß fossiler Energien entstehen und die zu Dürren, Überschwemmungen, Waldbränden, Ernteausfällen und Massenmigrationen führen, blendet unser Wirtschaftssystem bisher systematisch aus. Und die (konservative) Politik hierzulande sieht nicht die Notwendigkeit, diesem Treiben ein Ende zu setzen um das Grundrecht "auf Leben und körperlicher Unversehrheit" (Artikel 2 Grundgesetz) sicherzustellen.

Wenn es heute um die Einführung einer CO2 Steuer geht, dann geht es dabei also nicht primär um eine weitere (Konsum-)Steuer auf Energie, Mobilität, gewerbliche Produktion & Güter, sondern darum, Wirtschaftsunternehmen zu realen Kostenkalkulationen zu zwingen, die auch Umweltzerstörung und soziale Inbalance implizieren.

Die notwendige Einbeziehung externer Kosten habe ich bereits 2011 in einem öffentlichen Vortrag der Atum zum Gegenstand bei der Gebäude-Energiebilanzierung gemacht. Die Kernaussage von damals war, dass wir die Energieeffizienz und den wirtschaftlichen Betrieb eines Gebäudes nicht erfassen können, wenn wir nur den fossilen Energieverbrauch der Endenergie innerhalb der Gebäude betrachten. Vielmehr müssen wir uns um eine ehrliche Bilanzierung bemühen, die auch die (Primär-) Energie mit einbezieht, Diese ehrliche Energie "mit CO2 Anhang" beinhaltet zusätzlich zur Gebäudeenergie auch die Energie, die bei der Herstellung, dem Transport und der Umweltwirkung durch Klimagas-Emission vor dem Ein- und nach dem Austritt aus dem Gebäude aufgewendet wird. Zudem sollte eine Lebenszyklusbetrachtung angestrebt werden, die auch die (Graue) Energie beinhaltet, die auch die Herstellung und das spätere Recycling der Bau- bzw. Sanierungsmaterialien mit einbezieht, die vor Ort der Baustelle Verwendung finden.

Aber auch dies scheint bei der Subventionierung von gasbetriebenen Heizungsanlagen bei der Bundesregierung immer noch keine Rolle zu spielen. Dagegen hat die Niederlande gerade den Ausstieg aus dem Erdgas zur Befeuerung von Gebäuden über das Jahr 2030 vollständig untersagt [hier]! Auch der massenhafte Einsatz von Beton in Gebäuden hat eine katastrophale Energiebilanz in der Lebenszyklusbetrachtung.

Ohne die externen Kosten u.a. von Energie und Baumaterielien mit einzubeziehen, laufen wir in der Tat Gefahr, unsere eigene Lebensgrundlage und die unschuldiger Tiere und Pflanzen auf dieser Erde aufs Spiel zu setzen. Es ist höchste Zeit dies zu ändern...

Ihr

Benjamin Holtz

 

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